26 Die letzten Grundlagen der Möglichkeitserwägung.
Aber nun die andere Seite: jene „Phänomenologen“,
welche apriori für realiter notwendig halten, was nur
apriori (wie ganz unbegrenzt Vieles) möglich ist. Gewiß,
das, war wir heute organisches Leben nennen, ist apriori
möglich. Aber daß es das „gibt“, wissen wir nur aus der
Erfahrung: und von „weiblich und männlich“, vom leib¬
lichen Tod, von der Tatsache „Embryologie“ gilt das erst
recht. Gar keine Rede ist davon, daß es das alles geben
„müsse“, ja auch nur, daß, wenn es einmal organisches
Leben, etwa als Stoffwechselphänomen definiert, gibt,
dieses mit Notwendigkeit („apriori“) die Züge tragen
müsse, welche es trägt.
Das sogenannte aprioristische Wissen habe ich vor
langer Zeit einmal als „unabhängig vom Quantum der
Erfahrung“ definiert, eine Definition, die von manchen
angenommen ist. An einem „Fall“ also wird aprioristisches
Wissen durch Schau gewonnen. Es ist, wie das ja nicht
anders sein kann, stets ßedeutungs-wissen, d. h. Wissen
über bedeutungshaftes Sosein, nicht über Dasein imSinne
der empirischen Wirklichkeit.
Bei allem Empirisch-Wirklichen ist nun aber nicht
nur das Dasein, sondern auch schon das Sosein „kon¬
tingent“, d. h. es ist nicht einsichtlich, daß es in seinem
Dasein gerade so sein muß, wie es ist, anders gesagt, daß
gerade dieses Sosein empirisch dasein muß (in meist
vielen Vertretern). Für die echt apriori geschaute Bedeu¬
tungslehre ist vielmehr empirisch verwirklichtes Sosein,
also durch daseiende Fälle verwirklichtes Sosein, immer nur
eine Soseinsmöglichkeit neben unbestimmt vielen anderen.
Daß es also, um nun auf letzte Erwägungen1) des
wahrlich zu früh verstorbenen, stets gedankenreichen,
aber nicht immer vorsichtigen Sc hei er einzugehen, nur
x) Die Stellung des Menschen im Kosmos. 1928.