Full text: Philosophische Forschungswege

Die Stellung der Phänomenologie zur Metaphysik. 101 
liehen Weltbildes; Philosophie aber ist nun einmal dazu 
da, um erstens, als Logik, dieses Weltbild ordnungshaft 
endgültig zu zergliedern, und um zweitens, als Meta¬ 
physik, seinen „Grund“ zu suchen. Schon oben sagten wir 
(Seite 59), daß gewisse, ich möchte sagen „mittlere“ 
Phänomenologen die gesamte Erkenntnistheorie von 
Descartes bis Kant beseitigen zu wollen scheinen. Die 
„Neuesten“ beseitigen die Philosophie über¬ 
haupt! Aus der „strengen Wissenschaft“, als welche 
Husserl seine Phänomenologie schuf und auch erfolg¬ 
reich betätigte, ist wahrlich ein seltsames Ding geworden! 
Die Neuesten untersuchen in beschreibender Form die 
Gesamtheit der unmittelbar bewußt gehabten Gegen¬ 
ständlichkeit in ihrer ganzen Fülle — gewiß ein ver¬ 
dienstliches Unternehmen. Aber sie bleiben dabei stehen, 
ja, darin stecken. 
Schon die erste Aufgabe der Philosophie, die Ordnungs¬ 
aufgabe, wird gewissermaßen abgeschoben. Es kommt zu 
keiner klaren Erfassung des Begriffs der empirischen 
Wirklichkeit und daher auch nicht zu einer Klarheit über 
ihre beiden völlig getrennten Reiche: meine Erlebnis- 
weit mit ihrer (unbewußten) dynamischen Grundlage, der 
Seele, auf der einen, die Natur auf der anderen Seite, 
woraus sich dann die seltsame Ablehnung des Kartesianis¬ 
mus ergibt. Cogitatio und Extensio bleiben nämlich 
durchaus getrennte Reiche ohne Rücksicht auf alle Meta¬ 
physik, also schon im Rahmen der Ordnungslehre — das 
ist eines der wenigen ganz gesicherten Ergebnisse, 
über welche die Philosophie verfügt und welches wahr¬ 
haftig nicht dadurch beseitigt wird, daß von den Phäno¬ 
menologen das Problem „Leib und Seele“, welches auch 
schon für die reine nicht-metaphysische Ordnungslehre 
besteht, kurzerhand wegdekretiert wird (vgl. Seite 30).r
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.