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gezwungen, sich um die Heranziehung von Arbeitskräften aus der weiteren Um
gebung und aus anderen Bezirken und Ländern zu bemühen. Ganz besondere
Schwierigkeiten machte die Heranziehung der Arbeitskräfte in den 1850er
Jahren.
Die Unterbringung der angeworbenen Arbeitskräfte war ebenfalls nicht
leicht. Um den aus größerer Entfernung Zugezogenen Unterkunft zu verschaffen,
wurden bereits in den 1830er Jahren Schlafsäle in unmittelbarer Nähe der
Gruben errichtet. Damit die oft mit großen Kosten herangezogenen Arbeiter
dem Bergbau dauernd erhalten blieben, suchte die Bergbehörde sie ansässig zu
machen und wurden zu diesem Zwecke seit 1842 Baudarlehen aus der Knapp
schaftskasse und aus staatlichen Mitteln gewährt.
Mit der Unterbringung der eingewanderten Arbeiter begnügte sich die
Bergbehörde aber nicht. ,,Die zuwandernde Arbeiterschaft setzte sich aus den
verschiedensten Elementen zusammen. Es befanden sich darunter Bayern,
Hannoveraner, Sachsen, Nassauer, Franzosen und Böhmen. Es war eine Masse
ohne Tradition und ohne anderes Interesse, als das der Ausbeutung der Verdienst
gelegenheit“. 1 ) In dieser zum Teil recht tief stehenden Masse mußten nun ein
besonderes Standesgefühl, der Geist korporativer Zusammengehörigkeit und. die
wünschenswerten Standestugenden entwickelt werden. Die Bergbehörde suchte
das einerseits durch eine gewisse weitgehende Fürsorge für die Arbeiter und
andererseits durch Einführung einer strengen Disziplin und zum Teil außer
ordentlich weitgehenden Disziplinarstrafen zu erzielen. Sie wollte die Arbeiter
wirtschaftlich und sittlich heben und gleichzeitig eine geduldige und unterwür
fige Arbeiterschaft erziehen. Als Mittel hierzu dienten: Einführung des berg
männischen Grußes und bergmännischer Kleidung, Errichtung bergmännischer
Musikkorps, Veranstaltung von Bergfesten, Förderung der Bildung berg
männischer und patriotischer Vereine, Hebung und weiterer Ausbau der von der
Knappschaftskasse seit langem geförderten Schulen, Einrichtung von Biblio
theken, Förderung des Genossenschaftswesens und des Spartriebes bei den Berg
leuten, Erlaß von Vorschriften über das Verhalten der Bergleute (auch außerhalb
der Gruben), Einführung strenger Disziplinarstrafen und die Herausgabe eines
Wochenblattes ,,Der Bergmannsfreund“. Auch die zur Ansässigmachung der
Arbeiter dienenden Bauprämien sollten dem genannten Zwecke dienen. Die
Gewährung von Bauprämien erfolgte von Anfang an in der Erkenntnis der
Zweckmäßigkeit der Vermehrung ,, eines tüchtigen und angesessenen Arbeiter
standes, der durch sein Eigentum an der Gegend und dadurch an der Gruben
arbeit gebunden ist.“ 1 2 )
Eine besondere Erwähnung verdienen hier noch die Disziplinarstrafen.
Sie waren außerordentlich reichhaltig und sehr scharf. Schon das Straf regiement
vom 20. März 1820 3 ) wies 26 Paragraphen auf, die Strafordnung vom 5. Februar
1842*) hat gar 46 Paragraphen. Als Strafen waren vorgesehen: Geldstrafen,
zeitweise Versetzung in eine geringere Arbeitsklasse, Verlegung auf eine ent
fernte Grube oder in ein entferntes Revier, und zeitweilige oder dauernde Ab
legung. Besonders die Verlegung auf entfernte Gruben oder in entfernte Reviere
und die zeitweilige Ablegung waren von den ansässigen Bergleuten sehr gefürchtete
Strafen. Wurden doch durch die Verlegung die Arbeiter oft für lange Zeit außer
ordentlich schwer geschädigt. Sie mußten weitere Wege und vielfach Bahnfahrten
1 ) Von Brand: Zur sozialen Entwicklung im Saargebiet. Leipzig 1904. S. 20.
2 ) Bergaml an das Finanzministerium. Siehe von Brandt: Zur sozialen Entwick
lung usiv. S. 21.
J ) E. Müller: Der Steinkohlenbergbau usiv. V. Teil. S. 150 f.
A ) Z. f. B. H. u. S. W. Bd. 1. S. 250 f.
Erziehung der
Arbeiter.
Disziplinar
strafen.