Full text: Zur Lage der Arbeiter im staatlichen Bergbau an der Saar

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Stieg doch die Zahl der auf den Kopf der Verheirateten entfallenden Kinder 
von 2,92 im Jahre 1875 auf 3,46 im Jahre 1905. 
Die ivirtschaftliche Lage der Saarbergleute ist so wenig glänzend, daß eine 
Aufbesserung dringend geboten ist. Auch im Interesse der Rentabilität des Saar 
bergbaues muß sie erfolgen. Sie muß erfolgen um. zu verhindern, daß eine die 
Entwicklung und die Rentabilität der Staatswerke beeinträchtigende Abwan 
derung tüchtiger Arbeitskräfte erfolgt. 
Der so oft gegen die Arbeiter erhobene Vorwurf, ihre Leistung sei zurück 
gegangen, ist, wie gezeigt, unberechtigt. Von einem Rückgang der Leistungen 
kann gar keine Rede sein. Die Durchschnittstonnenförderung pro Kopf der 
Klasse A (eigentliche Bergarbeiter) ist sogar bedeutend gestiegen. Für den 
kleinen Rückgang der Durchschnittstonnenförderung pro Kopf der Gesamt 
belegschaft können die Arbeiter nicht verantwortlich gemacht iverden. 
Unser staatlicher Bergbau an der Saar ist auch nicht, ivie vielfach ange 
nommen wird, unrentabel. Im Gegenteil. Er rentiert sich recht gut und sogar 
bedeutend besser wie der Privatbergbau im Ruhrgebiet. Die Differenz zwischen 
dem auf die Tonne Kohlen an die Gesamtbelegschaft gezahlten Lohn und dem 
durchschnittlich pro Tonne erzielten Kohlenpreis ist in den letzten Jahrzehnten 
ganz bedeutend gestiegen. 
Die Rentabilität des Saarbergbaues aber könnte größer sein. Sie wird 
größer, wenn die Beamten und Arbeiter mehr wie bisher an dem Gedeihen des 
Bergbaues interessiert werden. Eine Änderung der Beamtenverhältnisse ist 
dringend geboten. Die Posten der höheren Beamten dürfen keine Durchgangs 
posten sein. Der Staatsbergbau muß seine leitenden Gruben-Beamten so stellen, 
daß sie dauernd bleiben und ihre Grube so rentabel wie nur möglich gestalten 
können. Auch die übrigen Beamten sind am Ergebnis zu interessieren. Ebenso 
auch die Arbeiter. Das geschieht bei ihnen am besten durch den Abschluß eines 
Tarifvertrages. Dann ist die engherzige Gebundenheit durch den Etat zu beseitigen. 
Mit leichter Mühe können die Wünsche der Arbeiter in Bezug auf das 
Straf wesen, die V erlegungen der Arbeiter zu weit von ihren Wohnorten entfernten 
Gruben und die Familienkrankenkassen erfüllt werden. 
Unsere staatlichen Bergwerke wünscht Se. Majestät unser Kaiser und König 
Wilhelm II., wie er in seinem bekannten Erlasse vom 4. Februar 1890 ausführte, 
,,bezüglich der Fürsorge für Arbeiter zu Musteranstalten entwickelt zu sehen“. 
Heute entsprechen die Staatsbergiverke diesem Wunsche noch nicht. Es soll 
gar nicht verlangt werden, daß die ganze Verwaltung der Staatsbergwerke nur 
vom Standpunkte der Arbeiter Interessen aus erfolgen, daß nur das Wohl der Ar 
beiter ohne Rücksicht auf die Allgemeinheit und ohne die notwendige Rücksicht 
auch auf die Rentabilität der Staatsbergwerke maßgebend sein soll. So soll 
das Wort Sr. Majestät nicht ausgelegt werden. Aber verlangt hat Se. Majestät 
durch das Wort doch: die Staatsbergwerke sollen so weit die Rücksicht auf andere 
berechtigte Interessen es zulassen, für die Arbeiter sorgen, sie sollen mindestens 
das leisten, was Privatwerke unter denselben Umständen leisten könnten und 
leisten würden. In den letzten Jahren ist das nicht geschehen. Die Privatberg 
werke an der Ruhr und bei Aachen haben ihren Arbeitern bessere Lohnverhält 
nisse geboten, wie der Staatsbergbau an der Saar. Und das, obiuohl der staatliche 
Saarbergbau höhere Gewinne pro Tonne erlangte, wie der Privatbergbau. Auch 
in Bezug auf die Verwaltung und Leitung der Bergwerke müssen die staatlichen 
Werke zu Musteranstalten entwickelt iverden. Im Interesse des Staates und der 
interessierten Bevölkerungskreise möge die Königliche Staatsregierung und das 
Preußische Abgeordnetenhaus die notwendigen Änderungen treffen.
	        
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