Full text: Zur Lage der Arbeiter im staatlichen Bergbau an der Saar

Berg-, Hütten- und Salinenverwaltung (Bd. 56, B. B. 546) aus und fügt noch 
hinzu: 
„Auch das finanzielle Ergebnis des staatlichen Steinkohlen-Bergbaues im Saarbezirk 
litt unter diesen Verhältnissen, zumal erhebliche Mehrausgaben für Löhne und Materialien 
erforderlich waren. 1 ' 
Die dem Preußischen Abgeordnetenhause zugegangenen Nachrichten 
von dem Betriebe der unter der 'preußischen Berg-, Hütten- und Salinenver 
waltung stehenden Slaatsiverke während des Etatsjahres 4908 schreiben ebenfalls: 
„Bei den Steinkohlenbergwerken haben die Massenunfälle der letzten Jahre, sowie 
die auf mehreren tiefen Gruben des Saarbezirks und Westfalens in neuerer Zeit erfolgten 
Gasausbrüche zu einer Verschärfung der Sicherheitsmaßnahmen genötigt. Diese hat die 
Arbeitsleistung beeinträchtigt, eine Vermehrung der lediglich im Sicherheitsinteresse er 
forderlichen Arbeitsschichten und einen gesteigerten Verbrauch an Materialien zur Folge 
gehabt.“ (S. 10.) 
Trotzdem diese sachlichen Gründe den Rückgang der Durchschnitts 
tonnenförderung und auch das ungünstige finanzielle Ergebnis verschuldeten, 
erlaubte sich die Handelskammer Saarbrücken in ihren Jahresbericht für 1907 
die christlichen Gewerkschaften dafür verantivortlich zu machen. Wörtlich 
schrieb sie: 
„Für die Saareisenindustrie bedeutet dsa Zurückbleiben der Fettkohlenförderung 
und infolgedessen der verfügbaren Kokskohlenmengen hinter den Erfordernissen der Kon 
junktur einen schweren stetig wachsenden Schaden, welcher an die Grundlage ihres Daseins 
zu rühren beginnt. Wenn auch das Redener Unglück, die schärfere Handhabung der berg- 
polizeilichen Vorschriften und die starke Steigerung der Pensionierung von Bergleuten infolge 
der höheren Sätze des neuen Knappschaftsstatuts auf ein Zurückbleiben der Kohlenförderung 
1907 mit eingewirkt haben, so sind doch offenbar auch noch andere Kräfte dabei mit wirksam 
gewesen. An erster Stelle scheint hier die Tätigkeit der christlichen Gewerkschaften zu 
stehen, welche auf eine, Einschränkung der Leistung des einzelnen hinarbeiten !! Dies ist 
bereits 1906 deutlich in die Erscheinung getreten. Nach den Berichten des preußischen 
Handelsministers an den preußischen Landtag über die Förderung der Saarkohlengruben 
entwickelten sich Jahreslohn und Jahresleistung bei den eigentlichen Grubenarbeitern des 
staatlichen Saarkohlenbergbaues: 
1902 
1189 Mark 
4,07 Mark 
307,7 
Tonnen 
1903 
1213 Mark 
4,12 Mark 
309,8 
Tonnen 
1904 
1230 Mark 
4,22 Mark 
312,6 
Tonnen 
1905 
1239 Mark 
4,29 Mark 
314,4 
Tonnen 
1906 
1283 Mark 
4,40 Mark 
303,4 
Tonnen 
Während, 1905 also die Jahresleistung auf den Kopf des Bergmannes noch 314,4 
Tonnen Kohle betrug, so belief sie sich 1906 nur noch auf 303,4 Tonnen Kohle, war also 
um 11 Tonnen oder rund um die Arbeitsleistung von elf Arbeitstagen gefallen. Der Durch 
schnittsbergmann hatte so lässig gearbeitet, als hätte er elf Arbeitstage gar nichts getan 
und die übrige Zeit nur ebensoviel wie im Vorjahre.“ 
Offen werden hier die Bergleute der Faulheit geziehen und die christlichen 
Gewerkschaften verdächtigt, auf eine Einschränkung der Leistung hinzuarbeiten. 
Ein Beweis für diese die Bergleute beleidigende und die christlichen Gewerk 
schaften beschimpfende Behauptung ivird nicht erbracht. Er ist auch nicht zu 
erbringen, weil die Behauptung der Wahrheit widerspricht. In Bezug auf den 
Vorumrf der Faulheit wird sie ja schon durch die amtlichen Berichte widerlegt. 
Aber auch in Bezug auf die christlichen Gewerkschaften stimmt sie nicht. Auch 
hier ist das Gegenteil richtig. Nieder 1 ) versuchte über diese Frage Klarheit zu 
schaffen. Er richtete deshalb ganz unvermittelt, ohne den Grund hierfür anzugeben 
an die Bezirksleitung des Gewerkvereins christlicher Bergarbeiter die Anfrage, 
in welchen Gruben der Gewerkverein die meisten Mitglieder hatte. Er erhielt 
die Antwort: ,,Die meisten in Grube Dudweiler, von der Heydt, Gerhard, Sulz- 
l ) Die Arbeitsleistung der Saarbergleute. S. 83. 
— 33 — 
Unbegründeter 
Vorwurf d. Saar- 
brücker Handels- 
kammergegen die 
christl. Gewerk 
schaften.
	        
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